Abenteuer am Mount Fuji - Nacht Aufstieg




Mein Mann ist Ingenieur und er baut Tunnel. Er erzählte mir, daß während des Baus des Tunnels Frauen keinen Zugang zum Tunnel haben, da jeder Berg in Japan als weiblich angesehen wird und Frauen eifersüchtig sind (wohl wahr). Deswegen wird peinlichst vermieden diese Geister oder Inhaber zu verärgern und schon gar nicht mit Weibsbildern.

Nun sind wir am letzten Wochenende auf den Mount Fuji gestiegen. Schlappe 3,776 m. Mein Sohn sagte mir am Abendbrottisch: "Mama, ich würde gerne Mount Fuji besteigen." Ich sagte: "Okay!" Selig sind die Unwissenden!" Lach!

Mein Mann, der eigentlich im ganzen Jahr sein Poker-Gesicht trägt, schaute mich mit seinen leicht weiter geöffneten Augen als üblich an. Da ich schon zwei Gläser Wein an dem Abend hinter mit hatte gab ich dieser leichten Abweichung in seinem Pokerface keine weitere Bedeutung bei. Bis dato hatte ich noch nie einen Berg bestiegen und hatte weder Bergsteigerausrüstung oder sonst irgendeine Ahnung worauf ich mich einließ. 

Am besagten Tag, einem Samstag im August, waren wir spät aufgestanden und mein Mann wollte seine Reserven beim schlafen im Bett sparen. Abends um 18.00 Uhr ging es dann an die Vorbereitungen. Ninja Verpflegung (Onigiri) für den Fußweg, liebevoll von meinem Mann fertiggestellt und Sandwich, american style - von mir. Dazu Wasser und heißen Tee, denn es sollte kalt auf 3,776m sein. 

Gesagt getan, um 19.00 Uhr, ging es dann los und der Sonneruntergang bescherrte uns noch eine wunschöne Sicht von Yokohama aus. Während der Obon Zeit ist es nicht möglich bis auf die 5te Station mit seinem Auto hinzufahren. Man wird auf Parkplätze umgeleitet und bekommt gar nicht erst die Chance bis zur Station 5 zu fahren. Vom Sammelparkplatz aus geht ein Shuttles Service im halben Stunden Takt innerhalb von 40 Minuten zur 5ten Station hoch. Hunderte von Japanern nutzen diese Gelegenheit in den Sommermonaten. Im Shintoismus ist Fuji San heilig und bis zum Ende der Meiji Zeit waren Frauen auf dem Berggipfel nicht erlaubt. 

Im Wikipedia Artikel wird immer wieder von Herrn Fuji gesprochen aber es ist Frau Fuji. Ich habe versucht diesen Artikel so zu ändern um Wikipedia darauf aufmerksam zu machen aber zum Schluß kam der Satz: San kann man mit Frau und Herr verwechselt werden weil San für Frau und Mann im japanischen steht. Na dann, eben nicht!

Zurück zu unserem Abenteuer am Mount Fuji.

Glücklich auf Station 5 mit dem Shuttle Bus angekommen und schon frierend mit leitcht bekleidetem T-Shirt stürtzen wir uns voller Elan auf den Berg. Nach den ersten 20 Schritten bin ich schon außer Puste. Irgendwie haben 20 andere Rucksacktouristen darauf gewartet, daß einer die Führung übernimmt und das war ich mit einer Taschenlampe in meiner Hand. In einem Affentempo maschieren wir auf Station 6 zu und ich kann nur noch:  "wahnsinn, wahnsinn... " ausrufen, so irre ist der Anstieg. Trotzdem ist Station 6 relativ einfach mit Turnschuhen, im stockdunkeln, ungemütlichen Klima und Eiseskälte zu erreichen. Der erste Abschnitt unserer Tour ist also mit etwas Anstrengung durchaus machbar. Als wir an der Station ankommen, meint mein Mann, dass er gerne Abendessen möchte. Das kam für mich gar nicht in Frage. Wenn ich jetzt Abend esse, dann würde ich gerne schlafen gehen, da 21.00 Uhr für mich die optimale Zeit zur Nachtruhe wäre. 

Wir kaufen also vier Wanderstäbe auf der Station 6, die mit einem Brandzeichen der 6 Station markiert sind und stürzen weiter den Berg hinauf. Die folgenden Stunden sind ein Kampf von 2,000 m auf 3,200m mit wunderschönen klaren Sternenhimmel und einem sensationellen Blick ins Tal bis hin zur Halbinsel Izu und dem pazifischen Ozean, bei Nacht wohlgemerkt. Wahnsinn! Bis dato habe ich die Fazination, die von Mount Fuji ausgeht, niemals verstanden. Einmal saß ich in einem Flugzeug nach Europa und der Pilot veraschiedete sich von Mount Fuji. Mein erster Ausflug mit meinem Mann in Japan war auf den nebligen (heute weiß ich es besser, schüchteren) Mount Fuji. Damals habe ich diesen Ausflug nicht verstanden, heute Abend aber verstehe ich es. Immer wieder halten wir an um uns auszuruhen und legen uns auf den Rücken um den Sternenhimmel zu genießen. Ein Erlebnis, daß ich noch nie in meinem Leben gelebt habe. 

Gleichzeitig konnte man eine Lichterkette von Station 5 bis rauf zur Bergspitze sehen. Jedes Licht war ein Tourist. Wahnsinn! Jeder Japaner sollte mindestens einmal in seinem Leben Mount Fuji bestiegen haben. 

Zwischen Station 6 und der alten 7 und neuen 7, wie auch immer, war es ein Kampf um vorwärts zu kommen. Splitt, der unter den Füßen nachgab und man einem Schritt nach vorne ging und zwei Schritte zurück glitt. Schritt für Schritt kämpften wir uns vorwärts. Vorbei an riesigen Gesteinsbrocken die bedrohlich über uns hingen und man jedem Moment damit rechnen mußte, daß diese in einer Gesteins Lawine herunterkommen. Hätte ich das vorher gewußt ....

Am liebsten hätte ich sofort wieder aufgegeben. Doch jedes Verschnaufen brachte ein Liegen auf dem Rücken mit sich und unvermeidlich sah man den Sternenhimmel und immer wieder stand man auf und ging weiter. Es war wie als ob man Bessesen war, ich wollte die Bergspitze sehen. 

Nach 4 Stunden kamen wir auf Station 8 an. Inzwischen war mir Speiübel und ich wußte, daß dies die Anfänge einer Höhenkrankheit waren. Mein Mann buchte die Ryokan. Wir schliefen auf dem Boden auf Bettlaken mit Futons als Decken und es war eisig kalt von Boden her. Wir schliefen mit Fremden Kopf an Kopf in einem großen Raum. Wir fielen sofort in einen tiefen Schlaf. Als man uns zum Sonnenaufgang weckte interessierte uns dies wenig. Am nächsten Morgen wurden wir harsch geweckt, da wir nur für 6 Stunden bezahlt hatten. Stundenhotel! Als wir vor die Tür traten empfing uns ein strahlend blauer Himmel und mein Mann wollte weiter den Berg hinauf steigen. Ich aber war immer noch krank und konnte nicht mehr. Es half nichts, wir mußten umkehren, auf 3,250 m. Wie Schade, trotzdem war ich stolz auf mich. Niemals hätte ich gedacht soweit zu kommen und das ich nun krank war, war leider nicht zu ändern und es war die richtige Entscheidung umzukehren. 

Als wir unseren Abstieg an der 8ten Station beginnen hörten wir auf einmal Gewehrfeuer. Die amerikanische und japanische Armee hielten ein Manöver in er Nähe von Mount Fuji ab und es war bis auf die Bergspitze zu hören und zu sehen. 

Der Abstieg war lang, sehr sehr sehr lang, und viele stönende Touristen kletterten den Berg hinauf. Erst begrüßte man uns mit Ohaio gozaimasu, dann mit Konnichiwa und dann mit good morning und ich rief zurück: "Guten Morgen, daß ist ein langer Weg zur Spitze" Viele schauten uns verwundert an und lächelten. Mein Mann schaute mich verwundert an und sagte: "Du kannst immer noch Leute unterhalten!" 

Je weiter wir den Berg hinunter stiegen, desto mehr Kopfschmerzen bekam ich. Wir mußten irgendwann anhalten und warten bis die Kopfschmerzen nachließen. Es war ein Kampf die hohen Stufen hinunterzusteigen über Lava-Gestein und Geröll. Mein Mann beklagte sich nicht einmal, als ich ihm einen Kuß auf die Stirn drücken wollte, drehte er sich weg, da Fuji San heilig ist. NIcht auf Mount Fuji, sie wird eifersüchtig! 







Obon - Die Geister/Seelen der Toten besuchen Japan



August ist der Monat des O-Bon Festivals in Japan. Das Fest der Wiedervereinigung mit der ganzen Familie und ein Treffen zwischen den Verstorbenen und den Lebenden. Man besucht die Gräber seiner Ahnen und gedenkt ihnen indem man die Gräber pflegt und säubert und einen Altar Zuhause aufstellt. Der Altar wird mit Essensgaben verziert und Laternen werden angezündet. In Japan glauben Buddhisten (ebenso Shintoisten), das die Tore des Totenreiches im August in der Unterwelt geöffnet werden damit die Ahnen für kurze Zeit auf Urlaub von der Totenwelt zurückkehren können. Dies wird gefeiert mit Tänzen und Opfer-Gaben. Familien, die nicht mehr am Geburtsort leben kehren zurück zu ihrem Geburtsort oder ihrem Familienstammsitz um den zurückkehrenden Geistern eine Gelegenheit zum Treffen zu geben. Vielerorts wird dies mit Bon-Odori Tänzen gefeiert. Nach drei Tagen endet dieses Festival (Tooroo Nagashi) und Laternen werden angezündet und auf Flüßen ausgesetzt oder entlang von Wegen um die Toten zurück ins Totenreich zu leiten. In Japan gibt es drei verschiedene Zeiten des Obon Festival, je nach Region wird entweder nach dem Gregorian Kalender (shishi-gatsu oder haschi-gatsu) und dem Lunar Kalender gefeiert. Auch varieren die Gebräuche von Nord- nach Süd-Japan. Neben dem Feiern dieser Wiedervereinigung gibt es aber auch Nachteile dieser Wiedervereinigung, denn mit öffnen der Tore der Unterwelt kommen nicht nur die Ahnen aus dem Reich der Toten zu Besuch, nein, auch Geister die nicht so willkommen sind. Es gibt dem Yokai (Folkloric Monsters - ähnlich wie ein Mensch) und Yurei (gefährliche Geister) die Gelegenheit zu entfliehen um den Lebenden viele Streiche zu spielen und zu Tode zu erschrecken.
August ist somit auch der Monat der Geister-Geschichten und hier zwei Geschichten aus meiner Familie die noch nie irgendwo erzählt wurden. Zur Einführung eine kleine Geschichte vorweg:
Als ich gerade vor Jahren in Japan ankam und in die Wohnung meines Mannes einzog fiel mir auf, daß er viele teure Handtücher hatte aber die Farben waren alle anders , auch verschiedenen Größen und jedes Handtuch kam von einem anderen Hersteller. Als ich ihn fragte, warum er denn nicht alle Handtücher in einer Farbe kauft und von einem Hersteller, sagte er mir,  daß die Handtücher Geschenke wären von Begräbnissen die er besuchte. Geht man zu einer Beerdigung In Japan, dann gibt man einen Umschlag mit Geld an die Hinterbliebenen, dafür erhält man später ungefähr die Hälfte der Spende in Form einer Dankesgabe zurück, in unserem Fall waren das wohl immer teure Handtücher.  Später stand ich im Badezimmer und betrachtete das beige farbene Handtuch von Yves Saint Laurent und das weiße Handtuch von Chanel und die anderen ungleichen Handtücher. Als ich aber so dastand und darüber nachdachte, dass das beige farbene Handtuch von Yves Saint Laurent von dem Toten A und das weiße Handtuch von Chanel von Toten B oder Kollege B stammt und wir uns jeden Tag mit diesen Handtüchern abtrockneten wurde mir doch etwas gruselig zumute. Kurzerhand schmiss ich die Handtücher weg und kaufte noch am gleichen Nachmittag neue Handtücher, Ton in Ton.
Am darauffolgenden Wochenende mußte mein Mann wieder einmal zu einer Beerdigung und als er nach Hause kam, rief er mir zu ihm Salz zu bringen und zwar ganz schnell. Etwas verwundert über diese Bitte brachte ich ihm Salz zum Eingang unserer Wohnung und er warf das Salz über seine linke Schulter und drehte sich zwei- oder dreimal um sich selbst. Dies war dazu gedacht, daß Geister die ihm evtl. vom Friedhof folgten dazu zu bewegen aus dem Haus fern zu bleiben und von der Fährte abzubringen, ähnlich wie wir das in Deutschland mit Knoblauch bei Vampiren machen, also ganz normal!!! Bisher hatte ich meinen Mann als modernen, weitgereisten und aufgeschlossen Japaner gehalten, daß änderte sich nun.
Nun zur ersten Geschichte: Vor vielen Jahren hat sich der beste Freund meines Schwagers erhängt. Warum, daß konnte niemand so richtig sagen. Vor seinem Selbstmord kam sein Freund ihn regelmäßig besuchen und klopfte immer an die gleiche Tür bevor er eintrat. Nach seinem Tod geschah das Gleiche zur Obon Zeit. Es klopfte an der Tür und wenn man öffnete war niemand da. Diese Geschichte erzählt man uns in jedem Jahr.
Eine andere Geschichte trug sich vor zwei Jahren zu. Damals waren wir zu Besuch bei Freunden in Nagoya. Wieder war es August und um die Obon Zeit herum. Wir schliefen im Tatami Raum auf Futons, es war stockdunkel in dem Raum und da wir vor unserem zu Bett gehen ein(ig)e Flasche(n) Rotwein getrunken haben fiel uns dies nicht auf, da wir sofort einschliefen, nach dem verlöschen des Lichts. Wie es aber nunmal ist, wenn man in fremden Häusern schläft weiß man manchmal nicht wo man ist, wenn man Mitten in der Nacht aufwacht. Man bleibt gewöhnlich so lange liegen bis sich die Augen an die Finsternis gewöhnen und steht dann auf um den Lichtschalter zu finden um danach zum Badezimmer zu huschen. So passierte es auch diese Nacht. Ich wachte auf oder besser gesagt ich hatte einen Alptraum und versuchte von diesem aufzuwachen. Dies ist niemals vorher geschehen. Ich schrie und versuchte aufzustehen und nach dem Lichtschalter zu tasten. Es war stockdunkel und ich konnte nichtmal das Mondlicht durch die Shoji Fenster sehen. Irgendwie wußte ich wo ich war, konnte aber nicht wach werden und irgendetwas jagte mir ungeheure Angst ein. Mein Mann wachte auf und stürzte sich wie ein Samurai auf mich um mich davon abzuhalten die Shoji Fenster zu zerstören, er umklammerte mich mit einem Ringergriff. Dann zog er mich durch den Raum und schaltete das Licht an. Sofort wachte ich auf. Ich konnte nichts erklären und am nächsten Morgen wurden wir freundlich aber mit fragenden Blicken in der Küche begrüßt und alle waren froh als wir abreisten, inkl. unserer Gastgeber. Natürlich hatte ich erklärt, dass ich einen Alptraum hatte aber die Sache war zu seltsam. Selbst mein Mann schaute mich den ganzen Morgen mit sonderbaren Blicken an. Ich selbst empfand es auch als "nicht normal", denn seit ein paar Wochen hatte ich Alpträume, eigentlich träumte ich nie oder sehr selten und ausgerechnet heute Morgen konnte ich mich an all diese Träume erinnern.
Zwei Wochen später kam dann auch schon die schlechte Nachricht. Ein Cousin meines Mannes hat sich in der Nacht erhängt in der wir bei unseren Freunden übernachteten und ich von einem schrecklichen Alptraum nicht aufwachen konnte. Da er erst nach einer oder zwei Wochen entdeckt wurde, konnte man nur auf den Todestag zurück rechnen und mir kommt heute noch eine Gänsehaut deswegen. Wirklich ungern gehe ich in jedem Jahr zum Treffen dieses Cousins, da ich immer das Gefühl habe, daß ich von ihm über sein Selbstmord informiert wurde in der Nacht. Auch in diesem Jahr standen wir wieder vor dem Hausaltar und haben gebetet und genau in dem Augenblick in dem ich vor dem Altar stand fing meine Periode an. Genau 3 Tage zu spät. Mir gruselt es schon vor dem nächsten Jahr. In der Familie meines Mannes ist man der Ansicht, dass ich mit Geistern sprechen kann und besonders sensitiv bin. Manchmal fragt man mich: "Hast Du etwas ungewöhnliches bemerkt?" Ich bin dann immer etwas irritiert, denn ich will davon nicht wissen, wirklich gar nichts. Das waren alles nur Zufälle für mich .... hoffentlich!

August-Hitze in Japan




Es ist Anfang August in Japan und an vielen Tagen erreicht das Thermometer 34 bis 36 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von 60 %, zumindest zeigt dies das Thermometer im Flur so an. Strahlend blauer Himmel aber einfach zu heiss um auch nur für eine halbe Stunde einen Fuß vor die Tür zu setzen. Zum Abend sinkt die Temperatur auf 30 Grad ab, nun kommt auch wieder Leben in mich. 
Wir wohnen in einem typischen japanischen Plastik-Haus, welches eine Etage hat. Was dieses Haus so einzigartig für mich macht ist die nicht vorhandene Isolierung, daß ist natürlich sarkastisch gemeint. Es ist ein wenig wie in einem Zelt auf dem Campingplatz, im Sommer schafft die Klimanalage es nicht das Wohnzimmer zu kühlen, da alles durch die Ritzen nach außen dringt. Dementsprechend hoch ist der monatliche Stromverbrauch. Im Winter schafft die Heizung, die im Sommer als Klimanalage gedient hat und nun im Winter Modus ist, es ebenfalls nicht das Haus warm zu halten. Im Winter hat man mehr Optionen und das Wohnzimmer wird mit Heizdecken auf dem Boden ausgelegt und einer Kutatze, ein Tisch mit einem Ofen in der Mitte und einer Decke drum herum. Dies ALLES plus warme Pullover und Mütze im Bett hält uns warm. Zusätzlich stellt man kleine Benzin-Öfen in einzelnen Zimmern auf. Im Sommer hat man weniger Optionen, leider. Entweder stellt man die Klimanalage auf "Eis-Kühlung" und holt sich unter Umständen den Tod oder man schwitzt und ist nach den ersten sechs Stunden bis zum Mittagsessen so groggig, daß man wie in anderen südlichen Ländern üblich eine Art Siesta einlegt. Zumindest bis drei Uhr Nachmittags, in meiner Welt wohlbemerkt. Ausserdem gibt es noch den traditionellen Fächer den fast jeder mit sicher herumträgt und immer dann aus der Tasche zieht, wenn es einfach zu heiß wird. Besucht man jemanden, wird einem ein Eis-Waschlappen gereicht. Dieser wird vorher für den Gast bereitet. Erst mit Wasser durchnässt und dann 20 Minuten in den Eisschrank legen, fertig!

Zuhause ist das alles nicht so einfach. Sind alle Familienmitglieder zu Hause, wird jeder seine Klimaanlage anschmeissen und es ist nicht möglich Klimaanlage, Waschmaschine, Bügeleisen und Ofen gleichzeitig zu nutzen. Die Sicherung fliegt alle paar Sekunden heraus. 

Meine Küche ist klein und hat ein kleines Fenster, eigentlich ist es kein Fenster sondern ein viereckiges Loch mit Flapps und Fliegenschutz davor. Im letzten Winter habe ich mir eine schwere Erkältung dort geholt. Der Gas-Herd heiß und durch das Fenster zieht es herein. Irgendwann kam mein Kleiner auf den Einfall etwas vor das Fenster zu kleben. Dafür kam aber kein Licht mehr in die Küche. Es half! Jetzt im Sommer ist dieser Schutz wieder entfernt, dafür ist es nun doppelt so heiß in der Küche, gerade beim kochen, da die Klimaanlage die Küche nicht erreicht und mitkühlt und kein Platz für eine Klimaanlage ist. Ohne den Gas-Herd anzuschalten und mich vom Fleck zu bewegen, läuft mir das Wasser den Rücken herunter. Manchmal öffne ich den Kühlschrank und stelle mich davor.

Mein Tag fing mit der Vorfreude an, daß meine Kinder aus den Sommerferien zurückkehren. Fünf Wochen ohne Kinder ist eine Ewigkeit für mich und ich sehne mich nach ihnen. Da noch weitere drei einhalb Wochen Sommerferien in Japan anstehen bevor die Schule wieder anfängt, plane ich voller Ungeduld unsere Ferien in Japan. Eine Woche Kanazawa sind schon einmal eingeplant. Doch die Woche vor unserer Abfahrt nach Kanazawa muß noch mit ein paar Tagestouren gefüllt werden. Dieses Wochenende werden wir zum Anlaß des zweijährigen Todestages des Cousins meines Mannes erstmal nach Chiba fahren und dort die Familie meines Mannes besuchen um unsere Aufwartung und unseren Respekt zu zeigen. August ist der Monat des O-Bons.

Mein Mann ist nächste Woche bei einem seiner Männerabende eingeladen, typisch japanisch. Als ich das erste Mal in Japan lebte und meine bessere Hälfte jeden Abend gegen 23.00 oder 24.00 Uhr nach Hause kam, packte ich meine Koffer und stand am nächsten Morgen mit ihm abreisebereit am Ausgang unseres Apartments. Wir waren gerade mal 2 Wochen verheiratet und ich das erste Mal in Japan. Er war perplex über soviel Konsequenz und wir verhandelten in fünf Minuten unser weiteres Zusammenleben in Japan, er hatte schließlich nicht viel Zeit, sonst wäre er zu spät zur Arbeit gekommen. Ausserdem war dies eine absolut ungewöhnliche Situtation, daß die Ehefrau hier soviel Unruhe in das morgentliche Ritual brachte. Er hätte auch zugestimmt, wenn ich ihm gesagt hätte, daß ich einen Porsche kaufe, nur damit er pünktlich auf Arbeit kommt. Wir einigten uns darauf, daß er jeden Abend gegen 20.00 oder 21.00 Uhr spätestens zu Hause ist. Seitdem hält er sich an dieses Versprechen, es geht sogar so weit, daß er um 19.30 Uhr immer schon im trauten Heim eintrifft. 

Dies ist natürlich eine sehr schwieriger Seilakt für meinen Mann, da er eigentlich das Büro nicht vor seinem Vorgesetzten verlassen sollte und mit den "Männern" einen trinken gehen sollte. Er muß sich auch mit einer bestimmten japanischen Floskel verabschieden, die ungefähr so lautet; "Entschuldigt, dass ich früher gehe..." Ich habe ihn bis heute nicht gefragt wie er das macht. Ab und an sagt er mir: "Du ich muß heute länger bleiben wegen diesem oder jenem Projekt". Ich antworte immer nur: "... ja natürlich!" Ab und an gibt es dann auch diese Männerabende. Dort trifft er sich mit ehemaligen Studienfreunden oder begrüßt Neuankömmlinge aus der Firma oder aber verabschiedet Kollegen die in Rente gehen. Zweimal im Monat wird gebetet und dazu versammelt sich auch die ganze Firma. An manchen Wochenenden laden ihn auch seine Vorgesetzten oder alte Kameraden zum Golf ein. Im allgemeinen emfpinde ich des alles als zumutbar, nur manchmal vergisst mein Mann, dass er mit einer Deutschen verheiratet ist und vereinbart 3x im Monat Golf. Dann hole ich ihn liebevoll wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Entweder schläft er dann auf dem Sofa oder bekommt kein Frühstück. Ich habe das Empfinden, daß das Frühstück die schlimmere Bestrafung ist und glaube er bevorzugt das Sofa im Sommer. Auch habe ich eine neue Regelung in unsere interkulturelle Ehe eingebracht, da ich von Morgens um 7.00 Uhr bis Abends um 19.30 Uhr nichts von ihm gehört habe, daß er mich bitte einmal am Tag während seiner Mittagspause anruft. Als ich ihm den Vorschlag das erste Mal gemacht habe, fing er laut an zu lachen und konnte sich nicht mehr beruhigen. Damals wurden gerade viele Dokumentaries über 9/11 gezeigt und zufällig, erzählte dort eine Hausfrau, die auf tragische Weise ihren Mann verloren hat, wie oft ihr Mann (wenn ich mich richtig erinnere 8 bis 10x am Tag) sie täglichlich anrief. Wir beide saßen zu dem Zeitpunkt vor dem Fernseher und schauten uns vielsagend an. Mein Mann ungläubig und ich vielsagend um es genau zu erklären. Seitdem ruft er mich jeden Tag zur Mittagszeit an. Anfangs mit viel gekichere, ich mußte dann immer die Augen rollen, so etwas Albernes.  Irgendwann sagte ich ihm, daß die Männer in Frankreich immer zur Mittagszeit nach Hause kommen würden .... Ich konnte die Panik in seinen Augen erkennen, daß war einfach zuviel Aufmerksamkeit für die Ehefrau eines Japaners. Inzwischen sind seine täglichen Anrufe normale und lustige Unterhaltungen und wir witzeln in deutsch oder japanisch herum. Manchmal drohe ich ihm, falls er vergißt anzurufen, daß ich ihn als verkleideted Maid bei der Arbeit besuche, falls er wieder vergessen sollte anzurufen. 

Ich glaube ich hätte ihm alles erzählen können. Zumindest was das Leben in Deutschland oder Europa betrifft, er konnte es ja nicht überprüfen, wir leben in Japan.